gelesenes

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Wieso schlagen wir unsere Beine übereinander wie
Gummischläuche? Wieso sprechen wir über Gemütlichkeit wie
eine Krankheit? Wieso inszenieren wir dieses kleine Stillleben mit zwei,
drei Äpfeln und einer alten Teetasse in einem französischen Gasthaus,
wo dein Name abblättert über der schäbigen Treppe zum Eingang?
Wir können uns doch jetzt frei bewegen zwischen einer orangenen Lampe
aus Stoff oder irgendeinem Plastik, wir können das sogar schon lange.
Aber ein paar Jahre investieren wir noch in Mobiliar und Kinder, die sich
und ihre Wohnungen kleiden wie wir. Die darin singen, wenn man sie fragt.
Wenn alle Tische gebettet sind auf langhaarigen Läufern, also wenn
alle Regale gegeneinander geleimt sind.

Unser kleiner Ralph trägt jetzt Camouflage. Wie er es geschafft hat,
diese langbeinige Frau zu besteigen, war uns immer ein anatomisches Rätsel.
Aber er hatte viel geraucht in den letzten Monaten, seine Stimme war jetzt
wie ein Bekenntnis zum Sprechen. Er hatte die schönste Stimme des Landes
und er hatte auch einen Preis dafür bekommen. Er war sogar
Stimmenimitator.

Claudia Gabler (2008, S. 10): in Christoph Buchenwald | Ulf Stolterfoth (HRSG.), Jahrbuch der Lyrik 2008. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag

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